Von der „Innovationsregion Rheinisches Revier GmbH“, Jülich wurde an Frau Prof. Dr.-Ing. habil. Anette Müller, Gutachterin aus Weimar und der Bimolab eine „Potenzialstudie zur Umsetzung eines Re-/Upcyclingkonzeptes im Gebiet der IRR GmbH – Schwerpunkt mineralische Baustoffe“ zur Erarbeitung vergeben. Die Potenzialstudie wurde im Zeitraum vom 16.05.2016 bis 31.08.2017 erarbeitet. Die Studie wurde in enger Abstimmung und Zusammenarbeit mit Herrn Matti Wirth, Dipl.-Ing./M.Sc., Architekt als Projektkoordinator und Frau Magdalena Zabek, M. Sc. Architektin als Projektkoordinatorin von Auftraggeberseite bearbeitet.

 

Von Auftraggeberseite wurde die Zielstellung der Studie in der vorab durchgeführten Ausschreibung wie folgt beschrieben:

 

„Auftraggeber ist die "Innovationsregion Rheinisches Revier" (kurz: IRR GmbH). Die IRR GmbH entwickelt Leitbilder, Innovationsstrategien und Handlungskonzepte und unterstützt den Strukturwandel durch die Initiierung und Durchführung von Projekten. Die Strukturentwicklung soll die vorhandenen Potenziale an Technologie, Wissenschaft, Industriestruktur und gut ausgebildeter Arbeitnehmerschaft für den Aufbau einer neuen nachhaltigen Wirtschaftsstruktur nutzen und entsprechend von innovativen Ansätzen und Ideen geprägt sein. Um dieses Ziel zu erreichen, arbeitet die Gesellschaft eng mit ihren Partnern aus Wissenschaft, Wirtschaft, Politik und den Verbänden innerhalb und außerhalb der Region zusammen.

 

Das dieser Ausschreibung zugrundeliegende EFRE Projekt "Ressourceneffiziente Stadt- und Industrieregion - Bauen als Kreislauf“ zielt darauf ab, strategische Mäßnahmen in der Bau(stoff)industrie zu fördern, welche Ressourcen- und Klimaschutz erfolgreich kombinieren. In diesem Sinne beabsichtigt das Projekt, mit innovativen, kreislaufbasierten Wertschöpfungsketten die Abhängigkeiten von Primärrohstoffen zu reduzieren und gleichzeitig C02 Emissionen zu senken. Die vorliegende Ausschreibung beabsichtigt hierzu die Beauftragung einer umsetzungsorientierten Potenzialstudie für ein oder mehrere Recycling-Verfahren, welche ein gleich- bzw. hochwertigeres Endprodukt im Vergleich zum Ausgangsprodukt beabsichtigen. Primäre Ressourcen sollen durch die Verwendung der neuen Produkte aus Sekundärrohstoffen substituiert werden. Der Schwerpunkt der Ausschreibung liegt dabei auf dem mineralischen Baustoffbereich - ergänzende und begleitende Themen/Ansätze werden jedoch begrüßt.

 

Als effektives Pilotprojekt bzw. „fehlendes Puzzlestück" zur Strategie einer neuen Kreislaufwirtschaft in der Region wird im Rahmen des EFRE Projektes die Konzeption eines "hochwertigen Recycling- Zentrums" für eine neuartige und hochwertige Rückgewinnung diverser Sekundärrohstoffe auf einem noch zu identifizierenden Standort angestrebt. Die hier ausgeschriebene Potenzialstudie soll dieses Vorhaben aktiv unterstützen.

 

Konkretes Ziel dieser Ausschreibung ist die Erarbeitung einer Potenzialstudie für die Umsetzung von hochwertigem Recycling im Gebiet der IRR, mit einem Fokus auf mineralische Baustoffe. Zahlreiche Aspekte wie u.a. Mengenaufkommen/Logistik, Qualitätsaspekte bei Ausgangs- sowie Endprodukt, Wirtschaftlichkeit und nicht zuletzt der Ressourcen-/Klimaschutz sollen dabei im Sinne einer Gesamtkonzeption behandelt werden. Letztlich soll sich die vorgestellte Potenzialstudie auf einen Suchraum für ein Zentrum für hochwertiges Recycling als Modellstandort in der IRR ausrichten und somit einen konkreten Impuls in Richtung einer kreislaufgerechten Bauwirtschaft sowie ggf. weiterer Wirtschaftszweige setzen.“

 

Von Auftragnehmerseite ging der Bearbeitung der Studie folgende Ausgangsbeschreibung der Situation im Rheinischen Revier voraus:

 

„In Nordrhein-Westfalen leben heute ca. 18 Mio. Einwohner (deutschlandweit sind es etwa 82 Mio., ca. 15 % in NRW) mit einer entsprechenden Bedeutung für die Wirtschaftskraft der Region und damit auch für den Anfall und die Verwertung mineralischer Rohstoffe der Kreislaufwirtschaft. Innerhalb von NRW befindet sich das Rheinische Revier im Wirtschaftswandel. In den vergangenen Jahrzehnten wurde das Rheinische Revier besondere durch den Abbau der Braunkohle und deren Verstromung zur Energiegewinnung geprägt. Der CO2-Ausstoß bei der Kohleverstromung ist heute ein wesentlicher Grund dafür, dass Deutschland große Anstrengungen unternehmen muss, seine bis 2020 zugesagten Klimaschutzziele einzuhalten. Der politisch geforderte Kohleausstieg wird das Rheinische Revier in den nächsten Jahrzehnten im Wandel der Wirtschaft deutlich beeinflussen.

 

Der Wirtschaftswandel wird auch eine Umnutzung der vorhandenen Wirtschaftsstruktur mit sich bringen, um den zukünftigen Erfordernissen zu entsprechen. Das dabei anfallende mineralische Abbruchmaterial kann mengen- und qualitätsmäßig nur sehr schwer vorhergesagt und somit nur geschätzt werden. Von den geschätzten 60 Mrd. t im Baubestand verbauter mineralischer Rohstoffe (Hoch- und Tiefbau) in Deutschland wurden beispielsweise im Jahr 2012 etwa 80 Mio. t abgebrochen. Ein Teil davon wurde als RC-Baustoff verwertet. Das entspricht lediglich einem Anteil von knapp 12 % des gesamten Gesteinskörnungsbedarfs in der Bundesrepublik. Eine Zunahme auf künftig max. 13 bis 15 % wird prognostiziert. Genaue statistische Auswertungen zum bundesweiten Anfall und zur Verwertung in den letzten Jahren werden im 2-jährigen Rhythmus von der Initiative Kreislaufwirtschaft Bau seit 1995 bis heute in Form von Monitoring-Berichten veröffentlicht. Diesen kann man entnehmen, dass die Verwertungsquoten seit einem längeren Zeitraum auf einer Höhe von etwa 70 % stagnieren. Diese summarische Verwertungsquote macht keine Aussage zum Verwertungsniveau. So ist festzustellen, dass nahezu vollständig geschlossene Stoffkreisläufe auf einer höchstmöglichen Verwertungsebene nur im Asphaltbereich bestehen. Bei der Betonherstellung sind ebenfalls geschlossene Kreisläufe möglich, aber noch nicht etabliert. Betone mit rezyklierten Gesteinskörnungen werden auch heute – 16 Jahre nach Erscheinen der ersten Vorschrift zu ihrer Herstellung im Jahre 1998 – kaum hergestellt und eingesetzt. Die Verwendung von stofflich gemischten mineralischen Recycling-Baustoffen erfolgt vorwiegend im Erdbau und für Verfüllungen. Der Erdbau als Anwendungsgebiet wird in der Branche oftmals mit dem negativ besetzten Begriff des Downcyclings bei der Wiederverwendung umschrieben.

Die Verwertungszahlen stellen absolut gesehen eine erfreuliche Bilanz dar. Innerhalb der gegenwärtig genutzten Verwertungsmöglichkeit besteht aber noch erhebliches Potenzial für ein hochwertiges Re- oder Upcycling, der zur Fortentwicklung einzelner Regionen unter Beteiligung der Industrie auch unter Marketing- und Nachhaltigkeitsgesichtspunkten genutzt werden sollte. Der Qualitätsaspekt solllte zukünfig auch beim Recycling von Bauabfällen einen höheren Stellenwert einnehmen.

 

In Nordrhein-Westfalen ist die Verwertungssituation ähnlich. Systematische Abfragen nach den Einsatzgebieten von Recycling-Baustoffen, die in den 1990iger Jahren von der Ruhr-Universität Bochum durchgeführt wurden, ergaben, dass höchstens ein Drittel in Sektoren wie Schottertragschichten und Frostschutzschichten verwertet wurden. Anwendungen im Erdbau und ein nicht definierter Bereich „Sonstiges“ dominierten. Diese Situation hat sich bis heute kaum verändert.

 

Im Rheinischen Revier mit direktem Anschluss an den Rhein ist eine Verwendung im Erdbau oder im Bereich „Sonstiges“ aufgrund von heutigen Umweltvorgaben (Wasserschutzgebiete) schwierig oder nicht möglich. Die Folge ist, dass heutige konventionelle Aufbereitungsanlagen im Großraum von Düsseldorf über Köln nach Aachen „überlaufen“. Die aufbereiteten Haufwerke an RC-Baustoffen werden immer größer. Der Markt nimmt sie in der vorliegenden Form nicht mehr ab. Bestimmte anfallende mineralische Abfälle z.B. Gips oder Porenbeton mit hohen Sulfatgehalten oder Gemische wie Mauerwerkbruch werden von der RC-Industrie heute nur zu sehr hohen Annahmepreisen angenommen oder die Annahme wird sogar verwehrt. Ein Ausweg aus dieser Situation kann nur darin bestehen, die Herstellung von RC-Baustoffen technologisch aufzuwerten und Verfahren für die Verwertung als Rohstoff zu entwickeln. Durch ein gezieltes Stoffstrommanagement bereits bei der Baustoffannahme, die Anwendung moderner Sortierverfahren bis hin zu thermischen Verfahren müssen Produkte mit definierten Eigenschaften oder Sekundärrohstoffe hergestellt werden, die in der Bau- und/oder Baustoffindustrie ohne gravierende Einschränkungen eingesetzt werden können. Das Zentrum für hochwertiges Recycling kann bei der Auswahl und Anwendung geeigneter Technologien eine Vorreiterrolle einnehmen. Zu erwarten ist, dass Entwicklungsbedarf hinsichtlich von Produkten und Verfahren besteht, an dessen Formulierung das Zentrum ebenfalls mitwirken kann.“

 

Das Projekt wurde in 5 Arbeitspaketen mit abschließender Erstellung des Schlussberichtes bearbeitet:

 

Arbeitspaket 1:

Grundlagen des Gesamtkonzepts

bearbeitet von Anette Müller

 

Arbeitspaket 2:

Konkretisierung des Konzeptes für die Region

bearbeitet von Harald Kurkowski

 

Arbeitspaket 3:

Szenarien für Herstellung von Recycling-Produkten

bearbeitet von Anette Müller

 

Arbeitspaket 4:

Effizienzbetrachtungen

bearbeitet von Harald Kurkowski

 

Arbeitspaket 5:

Empfehlungen für das Zentrum für hochwertiges Recycling

bearbeitet von Anette Müller und Harald Kurkowski

 

 

Die Studie soll im Februar 2018 veröffentlicht werden.